Titel: Die Optimierer
Autor: Theresa Hannig
Genre: Dystopie
Erscheinungsjahr: 2017
Verlag: Bastei Lübbe
In der schönen, geordneten Welt des Jahres 2052 hat sich die Bundesrepublik Europa vom Rest der Welt abgeschottet. Innerhalb der Grenzen gelten die „Guten Gesetze“, die das Zusammenleben bestimmen, die Kriminalität beinahe auf den Nullpunkt reduziert haben und jedem Menschen Glück und Zufriedenheit bescheren. Samson Freitag glaubt daran. Er arbeitet für die Lebensberatung – jene Behörde, die für jedes Individuum den richtigen Platz in der Gesellschaft findet. Tag für Tag berät er Menschen, die ihr Leben optimieren wollen und sammelt durch seine vorbildliche Lebensweise viele Sozialpunkte, die seinen gesellschaftlichen Status verbessern. Bald soll er dafür auch befördert werden.
Doch dann gerät Samsons Leben binnen weniger Tage vollkommen aus der Bahn. Erst laden ihn seine Eltern zum Essen ein und servieren einen echten Schweinebraten, was im Deutschland des Jahres 2052 eine Art Kapitalverbrechen darstellt. Dann verlässt ihn seine Freundin, der er eigentlich gerade einen Heiratsantrag machen wollte. Und zu allem Überfluss nimmt sich eine junge Frau, die er kurz zuvor beraten hat, das Leben. All das kostet Samson eine Menge Sozialpunkte und damit diverse Freiheiten, obendrein seinen Job und schließlich, so glaubt er, seinen Verstand. Denn plötzlich ist er ein Niemand, ein Unruhestifter, dem man psychische Probleme attestiert und in die Erziehungsanstalt schicken will. Da tritt eine Frau an ihn heran, die eine Art Widerstandsbewegung gegen das Regime anführt…
Es ist eine teilweise recht grotesk anmutende Gesellschaft der Zukunft, die Theresa Hannig in ihrem Buch entwirft. „Jeder an seinem Platz“ ist der Wahlspruch, der Menschen auf ein ihnen vorgegebenes Schicksal festnagelt und dem sie nur schwer wieder entfliehen können. Schon Kleinigkeiten wie Ruhestörung können zu empfindlichen Strafen und damit einhergehend zum gesellschaftlichen Abstieg führen. Je nach Punktestand eben. Nur wer sich ganz im Sinne der Gesetze verhält kann sein Leben genießen. Wer Fehler macht oder einfach einmal Pech hat steht am Ende ziemlich allein da, nach unten durchgereicht von einem gnadenlosen System, das keine Privatsphäre, keinen Datenschutz und in vielerlei Hinsicht fast keine Selbstbestimmung der Menschen mehr kennt. So ergeht es auch dem Protagonisten des Romans, der zunächst gar nicht fassen kann, wie sein Leben sich in Wohlgefallen auflöst. Ein wenig muss man dabei als Leser schon schmunzeln, so absurd gestaltet sich sein Schicksal. Und dennoch glaubt Simon Freitag an das System, bis es fast zu spät ist.
„Die Optimierer“ reiht sich nahtlos ein in den Kanon jener Zukunftsvisionen, die auf den ersten Blick eigentlich recht erstrebenswert wirken. Wenn der Lack dann allerdings ab ist, sind sie nur noch zum Gruseln. Der Roman ist nicht nur deshalb unterhaltsam und regt zum Nachdenken darüber an, wie viel Kontrolle wir eigentlich über unser eigenes Leben haben und wie viel wir davon an Andere abgeben würden.
Und darüber, was von unserem sozialen Status eigentlich noch bleibt, wenn Geld dafür kaum noch eine Rolle spielt. Insgesamt also ein interessantes Buch, für einen Debütroman wirklich sehr gelungen, das ich mit gutem Gewissen empfehlen kann.