Der Geschmack der Nacht (Food Universe 1)
Autor*in: Melanie Graßhoff
Genre: Urban Fantasy
Erscheinungsjahr: 2021
Verlag: Lübbe
Die junge Tycho schlägt sich in den Straßenschluchten New Yorks als Barkeeperin durch – und des nachts mit kriminellen Zeitgenossen, die sie dank ihrer besonderen Stärke ordentlich vermöbelt. Denn Tycho wird stärker, je mehr Alkohol sie trinkt. Vor ihrem Umfeld muss sie diese Tatsache natürlich ebenso geheim halten wie die, dass sie die von den Medien als „Captain Vodka“ gefeierte Rächerin der Großstadtmetropole ist. Dann jedoch tritt die hübsche Grayson in ihr Leben, die bestens über Tycho bescheid zu wissen scheint und nicht nur ihre Fähigkeiten kennt, sondern auch deren Herkunft. Als eine uralte Sekte Tycho wenig später entführen will, um ihre Kräfte zu vereinnahmen, kann Tycho plötzlich nichts anderes mehr tun, als Grayson zu vertrauen und mit ihr zu fliehen. Doch damit bricht sie nicht nur mit ihrem bisherigen Leben, sondern stellt sich auch gegen die Menschen, die sie liebt…
Eine Superheldin, die sich fast bis zur Besinnungslosigkeit besäuft, um stärker zu werden? Alle Achtung, davon hatte man vor Marie Graßhoffs vielversprechendem Start in die Food Universe Reihe wohl eher noch nicht gehört. Wer jetzt aber denkt, dass es im Roman nur ums Saufen und Prügeln geht, der irrt natürlich. Denn auch wenn die Protagonistin natürlich in stark angetrunkenem Zustand durch den einen oder anderen Kampf taumelt, geht es in „Hard Liquor“ eigentlich deutlich mehr um Gefühle, um Loyalität, Freundschaft, Freiheit und Vertrauen. Denn Tycho ist absolut keine strahlende Klischeeheldin, sondern eigentlich eher eine zerbrochene, nicht selten von Selbstzweifeln geplagte Figur, die noch ihren Platz in der Welt sucht. Die lügt und Dinge verheimlicht, weil sie ihrer Meinung nach nur so ihre sozialen Kontakte aufrecht erhalten kann. Und die im Laufe der Geschichte zu einer wahnsinnig schweren Entscheidung gezwungen wird, für die man sie nicht gerade beneiden kann. Natürlich hätte die Grundidee hinter „Hard Liquor“ endlos Potenzial für mehr Action und dergleichen, die allerdings würde zweifellos auf Kosten der großen Tiefe der Figuren gehen, die Graßhoff im Roman erzeugt und für die sie sich viel Zeit nimmt. Und ganz nebenbei hat man bei Behördenkürzeln wie „D.I.E.T.“ und angesichts einer Reihe aberwitziger Codenamen auch noch Gelegenheit, ordentlich zu schmunzeln. Und so ist „Hard Liquor“ unterm Strich nicht nur ein in verschiedener Hinsicht gelungener Auftakt zu einer Urban Fantasy Reihe, sondern auch ein genialer Cocktail mit vielen guten Zutaten. In diesem Sinne: Cheers!