Scharnow

Titel: Scharnow
Autor: Bela B. Felsenheimer
Genre: Mix
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Heyne

Scharnow, ein kleines Dorf in der brandenburgischen Provinz. Auf den ersten Blick ist hier so rein gar nichts los. Rinderzucht und Düngemittelproduktion im Umland, ein kleiner Supermarkt und ein paar Wohnbunker bestimmen das Stadtbild des verschlafenen Nests. Doch unter der Oberfläche brodelt es, geschehen seltsame, übernatürliche, ja geradezu vollkommen absurde Dinge. Bücher, die Menschen in den Selbstmord treiben, verrückte Hobbyscharfschützen, die gegen eine geheime Weltmacht kämpfen, ein fliegender Mann, eine Gruppe krimineller Kampftrinker und noch ein paar andere Überraschungen erwarten den Leser.
All das verbunden zu einer vollkommen abgedrehten Handlung über mehr als 400 Seiten mit wechselnden Protagonisten. Da wundert es sicher niemanden, dass auch die Polizei im Buch vollkommen überfordert ist und zur Flasche greift.

Willkommen im Debütroman des als Schlagzeuger der Band „Die Ärzte“ bekannt gewordenen Bela B. Felsenheimer! In seinem Buch erschafft er einen Genremix mit Horror- Scifi-, Fantasy- und Kriminalelementen, bei dem am Ende nicht mehr so recht zu erkennen ist, worum es sich eigentlich handelt. Ein bisschen glaubt man, sich angesichts dessen, was da abläuft, in einem Trashfilm zu befinden. Dutzende stark unterschiedliche Charaktere und diverse Handlungen werden durch den Autor über verschiedene Episoden nach und nach locker zu einem komplexen Gebilde verbunden. Dabei schildert Felsenheimer nicht nur das recht ereignis- und trostlose Leben in der Provinz, sondern auch die persönlichen, teils schwerwiegenden Probleme seiner Figuren, die sie zu außergewöhnlichen (durchgeknallten) Taten anstacheln. Wenn sie nicht schon an sich vollkommen außergewöhnlich sind… Auf den ersten Blick wirkt das alles etwas konfus, bis sich gegen Ende ein paar Zusammenhänge offenbaren. Eine durchgehende Handlung gibt es im Buch aber dennoch nicht, ebenso wenig wie ein „richtiges“ Ende, denn das Buch endet eben einfach mehr oder weniger offen, könnte in der dargebrachten Form auch locker noch einmal 400 Seiten weiter laufen. An Figuren und Ideen mangelte es dem Autor dafür jedenfalls nicht.

Ein großes Plus des Buches ist der eingängige, intelligente Schreibstil Felsenheimers, der auch die Hörbuchversion selbst (und zwar sehr gut!) eingelesen hat. Er schreibt wortgewandt und unterhaltsam und lässt auch Anspielungen auf zeitgenössisches Weltgeschehen und eine Spur politische Kritik in sein Werk mit einfließen.
Wer hier ein Buch erwartet, das ihn an irgendein anderes erinnert, wird enttäuscht werden. „Scharnow“ erinnert an viele Bücher (und Filme). In jedem Fall ein Roman, der in vielerlei Hinsicht aus der Reihe tanzt und bei dem wohl jeder selbst entscheiden muss, ob er die vom Autor quasi neu geschaffene „Mische“ mag.

Author: nickvs

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